Andreas Siemoneit  ---  ERP-Lexikon

Exkurs: Wie komme ich zu einer Bilanz?

Und warum sieht sie so aus, wie sie aussieht?

Für eine Bilanz macht man eine Aufstellung der gesamten Vermögenswerte der Unternehmung sowie der Forderungen und der Schulden, und dann stellt man sich die Frage:

“Was bleibt übrig, wenn unsere Schuldner schlagartig unsere Forderungen bezahlen und wir schlagartig unsere Gläubiger befriedigen?”

Welche Vermögenswerte im einzelnen übrig blieben, hinge davon ab, mit welchen Vermögenswerten wir unsere Schulden tilgen würden. Aber was auch immer nach diesem großen Zahltag übrig bliebe: Es gehörte auf jeden Fall uns, wir wären danach absolut schuldenfrei. Die Antwort lautet also in abstrakter Form:

“Das Eigenkapital bleibt übrig”.

Die Gleichung lautet also:

Gleichung 1

Umgestellt lautet das:

Gleichung 2

Diese Gleichung nennt man Bilanz. Sie ist IMMER erfüllt, zu jedem Zeitpunkt unserer Geschäftstätigkeit, vor und nach jedem neuen Geschäftsvorfall, und zwar aus dem banalen Grund, daß wir die Größe Eigenkapital eben genau so definiert haben, daß die Gleichung immer erfüllt ist. Mit ein paar formalen Änderungen, nämlich

kommt man zur bekannten T-Konten-Form der Bilanz:

Bilanz in Kontenform

Es handelt sich hierbei weiterhin um eine mathematische Gleichung der allereinfachsten Art, und deshalb MUSS die Summe der Aktiva und die Summe der Passiva immer gleich sein: Wir haben das so definiert. Beide Seiten der Bilanz stellen also die gleichen Vermögenswerte dar, nur unter verschiedenen Gesichtspunkten. Man kann das auch so formulieren: Die Aktivsumme stellt den maximalen Besitz der Unternehmung dar, das Eigenkapital den Anteil unseres Eigentums. Damit kommt man zu der ebenfalls bekannten Einteilung:

Eine Bilanz ist trotz ihrer "Kontenform" nicht mit einem Konto zu verwechseln, deshalb heißen rechte und linke Seite von Bilanz und Konto auch jeweils anders. Beide sind grafische Darstellungen von mathematischen Gleichungen ("linke Seite = rechte Seite", zumindest wenn man bei einem Konto den Endbestand mitaufführt), jedoch stellt die Bilanz einen Zustand zu einem Stichtag dar, das Konto eine Entwicklung über einen Zeitraum.

Der Buchungssatz

Der Witz an der Sache ist: Wenn die Bilanz-Gleichung jederzeit erfüllt ist, also auch vor und nach jedem Geschäftsvorfall, dann muß sie auch für den Buchungssatz dieses Geschäftsvorfalles erfüllt sein. Und damit hat man die Forderung, daß für jeden Buchungssatz die Sollsumme gleich der Habensumme sein muß.