ANDREAS SIEMONEIT

ERP-Lexikon - Organisation der Finanzbuchhaltung

Um auch in großen Organisationen den Überblick zu behalten, haben sich im Laufe der Geschichte eine Reihe von Maßnahmen in der Finanzbuchhaltung entwickelt, die ihren Ursprung meist in der papiergebundenen Ablage haben, aber in dieser Begrifflichkeit auch in EDV-gestützten Buchhaltungen weiterhin anzutreffen sind, auch wenn sie hier ihren Sinn manchmal verloren haben.

Grundbuch
(Journal,
Buchungsjournal, Primanota)
Die Liste aller Buchungen der Finanzbuchhaltung, und zwar nicht geordnet nach Konten, sondern nach Datum. Es handelt sich also einfach um eine streng chronologische Liste aller Buchungsvorgänge (letztlich von lateinisch: acta diurna = Tagesbericht). Meist werden zwei Daten geführt: Das Datum der Erfolgswirksamkeit und das Datum der tatsächlichen Eingabe der Buchung.

Der Name leitet sich von dem früher tatsächlich physisch vorhandenen Grundbuch ab, in das alle anfallenden Belege in der Reihenfolge ihres Eintreffens eingetragen wurden, zusammen mit ihrer Belegnummer und Kontierung (Buchungssatz). In EDV-gestützten Buchhaltungen hat das Journal inhaltlich an Bedeutung verloren bzw. ist aufgrund der anderen Datenorganisation mehr oder weniger automatisch verfügbar.

Hauptbuch
(Hauptbuchhaltung)
Der Teil der Buchhaltung, der sich auf den sogenannten Sachkonten abspielt. Diese sind im sogenannten Kontenplan definiert und teilen sich auf in Bestandskonten und Erfolgskonten. Die Sachkonten stellen die sachliche (inhaltliche) Ordnung der Buchhaltung her. Bilanz und GuV werden ausschließlich auf der Basis der Hauptbuchhaltung erstellt.

Alle Buchungssätze aus dem Journal wurden früher zusätzlich auf die Konten des Hauptbuchs verbucht, so daß man schnell den Kontostand jedes Kontos ermitteln konnte, wozu man mit dem Journal allein nicht in der Lage war.

Nebenbücher
(Nebenbuch-
haltungen)
Eine von der Hauptbuchhaltung getrennte Verwaltung von Detailinformationen, mit denen die summarischen Buchungen auf bestimmten Sachkonten der Hauptbuchhaltung (sog. Sammelkonten) nachvollzogen werden können. Die "Objekte" der Nebenbuchhaltung werden auf den sogenannten Nebenkonten verwaltet. Eine Nebenbuchhaltung kann mehrere Sammelkonten umfassen.

Man könnte auch sagen, daß man an die Buchung auf dem Sachkonto eine Fußnote macht, in der man diese Buchung nachvollziehbar erläutert. Die Nebenbuchhaltung ist die geordnete Sammlung dieser Fußnoten. Typische Nebenbuchhaltungen sind:

  • Debitoren und Kreditoren
  • Lagerbestände
  • Lohn/Gehalt
  • Anlagevermögen
  • Wechsel

Den Nebenbuchhaltungen kommt in einem ERP-System eine besondere Bedeutung zu, da sie in der Regel als eigene "Module" ausgebildet sind, in denen die eigentliche Arbeit der Fachabteilungen stattfindet. Dank der EDV können ohne Gefahr des Vergessens oder Fehlbuchens die hier anfallenden Bewegungen parallel auf den Sammelkonten der FiBu gebucht werden.

Außerdem werden dort weitere Funktionen ausgeführt, die weit über den Charakter von Fußnoten hinausgehen, wie debitorischer Mahnlauf, kreditorischer Zahlungslauf, Neubewertung von Artikelbuchungen, Wartung von Anlagen, ...

Sachkonto Die Konten der Finanzbuchhaltung im engeren Sinne (Konten der Hauptbuchhaltung). Sie sind die "eigentlichen" wertführenden Konten, auf ihnen bauen Bilanz und GuV auf.
Unterkonto "Bewegungskonto" (meist mehrere) für ein ruhendes Bestandskonto (Hauptkonto). Solange die Unterkonten bebucht werden, ruht das Hauptkonto, wird also nicht bebucht, sondern behält seinen Saldo. Sinn ist stets eine Differenzierung der Vorgänge auf dem Hauptkonto (Trennung von Anfangsbestand und Verkehrszahlen). Die getrennten Unterkonten lassen sich leicht in speziellen Auswertungen verwenden (z. B. BWA). Der Gesamtbestand ergibt sich als Saldo aller Unterkonten und des Hauptkontos. Bebucht wird das Hauptkonto in der Regel nur im Rahmen des Jahresabschlusses.

Typisches Beispiele:

  • Die Erfolgskonten als Unterkonten des Hauptkontos "Eigenkapital". Dieses ruht übers Jahr, die Eigenkapital-Veränderungen werden auf die Erfolgskonten gebucht.
  • Die Bestandskonten für Waren, Material etc.: Hier kann man ebenfalls eine Aufteilung in ein ruhendes Hauptkonto und mehrere "Bewegungskonten" finden, auf denen z. B. getrennt Lagerzugänge, Lagerabgänge, Artikel in Fertigung etc. gebucht werden.
Zwischenkonto Sachkonto, das aus eher technischen Gründen Buchungen "zwischenparkt", z. B.
  • Umbuchungskonten für zeitliche Verschiebungen von Buchungen
  • Geldtransit (Zwischenparken von Werten z. B. in dem Zeitraum zwischen FiBu-Buchung und Erscheinen auf dem Kontoauszug der Bank)
  • Durchlaufende Posten (Buchungen, die inhaltlich nichts mit dem Betrieb zu tun haben und genauso wieder rausgehen, wie sie reingekommen sind)
  • Ungeklärte Posten (Zwischenparken von Werten, deren Zustandekommen man nicht versteht, mit denen man sich aber erst später inhaltlich auseinandersetzen will, z. B. eine unverständliche Gutschrift auf dem Bankkonto)

Zwischenkonten weisen im Idealfall den Saldo 0.00 auf.

Sammelkonto Ein Sachkonto, für das eine Nebenbuchhaltung existiert. Im Gegensatz zu einem ruhenden Hauptkonto, für welches Unterkonten existieren, ruht das Sammelkonto nicht, wenn die Nebenkonten bebucht werden.
Sammelkonto für Verbindlichkeiten

Eine besondere Art von kreditorischen Sammelkonten sind solche Konten wie

  • Verbindlichkeiten Sozialversicherung
  • Verbindlichkeiten Lohn und Gehalt
  • Verbindlichkeiten Lohnsteuer
  • etc.

Charakteristisch für diese Sammelkonten ist, daß die dahinter stehenden Personenkonten (Krankenkassen, Finanzkasse, Angestellte, ...) in der Regel nicht als "echte" Kreditoren geführt werden. Der Ablauf ist dann folgender: Im Rahmen z. B. der Gehaltabrechnung werden die zu tätigenden Sozialversicherungsabgaben gebucht: Personalkosten an Verbindlichkeiten Sozialversicherung. Die Versicherungsträger buchen aufgrund der ihnen gemachten Angaben die fälligen Beträge ab, man bucht Verbindlichkeiten Sozialversicherung an Bankkonto. Meist geht das glatt, das Sammelkonto hat danach den Saldo 0,00. Sollte es einmal nicht auf Null aufgehen, liegt irgendein Fehler vor, den man dann aber nur innerhalb des letzten Monats in einer kleinen Zahl von Buchungen suchen muß.

Es handelt sich also um eine Bequemlichkeit: Man erspart sich die Nebenbuchhaltung mit ihrem erhöhten Verwaltungsaufwand. Wäre man aber ganz bequem und würde die Sozialversicherungsabgaben erst bei Abbuchung direkt auf die Personalkosten buchen, hätte man keine Chance, Fehler zu bemerken. Außerdem entstehen die Verbindlichkeiten schon vor dem Abbuchen, dieses Vorgehen dient also auch der periodengerechten Erfolgsermittlung.

Nebenkonto Konto einer Nebenbuchhaltung zu einem Sammelkonto. Ein Nebenkonto nimmt die Buchungsvorgänge (Zugänge und Abgänge) zu einem einzelnen "Objekt" der Nebenbuchhaltung auf. Jedes Nebenkonto weist wie ein "normales" Konto Buchungen in Soll und Haben auf und einen Saldo.

Beispiele für diese Objekte:

  • Ein Debitor: Zugänge sind Rechnungen (Forderungen), Abgänge sind Zahlungen, Gutschriften und Forderungsverluste.
    Saldo: Die Schulden oder das Guthaben des Debitors bei uns
  • Eine Maschine des Anlagevermögens: Zugänge sind Anschaffung und Werterhöhungen (Modernisierung, Erweiterung), Abgänge sind Abschreibungen und Verkauf/Verschrottung.
    Saldo: Der Buchwert der Maschine
  • Eine Artikelnummer des Lagerbestandes: Zugänge sind Einkauf oder Produktion, Abgänge sind Verkauf oder Verwendung in der Produktion oder Verlust durch Verderb oder ...
    Saldo: Der Buchwert des Artikelbestandes

Mit der Einführung von Nebenkonten will man vermeiden, daß das Hinzukommen oder Ausscheiden von Objekten sich dauernd in Änderungen des Sachkontenplans widerspiegelt: Kunden kommen und gehen, das Forderungskonto bleibt. Artikel werden und vergehen, das Bestandskonto bleibt.

Der Saldo des Sammelkontos muß gleich der Saldensumme aller seiner Nebenkonten sein, sonst liegt ein Fehler vor.

Personenkonto Die Konten der debitorischen und kreditorischen Nebenbuchhaltungen, die die Buchungen für einzelne Debitoren und Kreditoren (= Personen) aufnehmen.
Kontokorrent "Laufende Rechnung", also ein wechselndes Schuld- und Guthabenverhältnis: Eine vereinbarte Abrechnungsweise zwischen Personen, die miteinander in Geschäftsverbindung stehen, nach der die beiderseitigen Geldansprüche und Leistungen zunächst nur verbucht und erst am Ende eines bestimmten Zeitabschnitts im ganzen verrechnet werden (um sich einen Haufen Einzelzahlungen zu ersparen).

Debitoren- und Kreditorenbuchhaltung werden aus diesem Grund auch häufig als Kontokorrentbuchhaltung (Personenkontokorrent) bezeichnet.

Debitor "Schuldner": Jede Person (Unternehmen), die uns Geld schuldet. Häufig gleichbedeutend mit Kunden, also Personen, die uns regelmäßig nach einer Lieferung von Waren oder Leistungen solange Geld schulden, bis sie die Rechnung bezahlt haben. Strenggenommen sind aber Kunden nur eine Untermenge der Debitoren, zu denen auch z. B. Kreditnehmer gehören, die keine Kunden sind.

Ein Debitor steht also "in unserer Schuld" -- als Kunde in Höhe der Rechnung und mit der Dauer der Rechnungsfälligkeit --, daher der Name "Schuldner" (lateinisch: debere = schulden, verpflichtet sein).

Kreditor "Gläubiger": Jede Person (Unternehmen), der wir Geld schulden. Häufig gleichbedeutend mit Lieferanten, also Personen, denen wir regelmäßig nach einer Lieferung von Waren oder Leistungen solange Geld schulden, bis wir die Rechnung bezahlt haben. Strenggenommen sind aber Lieferanten nur eine Untermenge der Kreditoren, zu denen auch z. B. Kreditgeber gehören, die keine Lieferanten sind.

Ein Kreditor gibt uns also einen Kredit -- als Lieferant in Höhe der Rechnung und mit der Dauer der Rechnungsfälligkeit --, daher der Name "Kreditor". Der Kreditor ist jemand, der daran glaubt, daß wir sein Geld zurückzahlen, daher der Name "Gläubiger" (lateinisch: credere = Vertrauen schenken, glauben).

Offener Posten I. w. S. jede Buchung, die noch nicht einer entsprechenden (neutralisierenden) Gegenbuchung zugewiesen wurde.
I. e. S. eine offene Debitoren- oder Kreditorenrechnung, der noch keine (neutralisierende) Zahlung gegenübersteht. Die Verwaltung der Offenen Posten (Mahnungen, Zahlungsläufe) ist ein recht aufwendiger Teil der debitorischen und kreditorischen Nebenbuchhaltung.
Journale Neben dem Journal im engeren Sinne (Grundbuch) gibt es noch eine Reihe von weiteren chronologisch geführten Listen:
  • Lieferscheinjournal: Alle Lieferscheine, getrennt nach Lieferanten und Kunden. Lieferscheine bilden die Basis für die Rechnungslegung.
  • Rechnungsjournal: Alle Rechnungen, getrennt nach Lieferanten und Kunden. Teil der ordnungsgemäßen Buchführung.

In einem ERP-System, das ja auch Archivierungfunktion hat, kommen häufig noch weitere Journale dazu, die nichts mehr mit der Finanzbuchhaltung zu tun haben (in der Regel nur auf der Kundenseite, also Ausgangspapiere):

  • Angebotsjournal
  • Auftragsbestätigungsjournal
Mandant Rechtlich eigenständige "Buchungsfirma".
Der Begriff kommt aus der Steuerberatungspraxis (Steuerberater bieten oft Buchhaltung als Dienstleistung an) und bezeichnet die in sich abgeschlossene Datenhaltung für jedes rechtlich eigenständige Unternehmen, mit eigenem Kontenrahmen, eigenen Buchungen, eigenem Jahresabschluß.
Eine GmbH, die aus steuerlichen Gründen noch zwei weitere GmbH's gegründet hat, muß also in ihrer Finanzbuchhaltung drei unabhängige Mandanten führen.
* Konsolidierung Das Zusammenfassen von Bilanz und GuV mehrerer Mandanten (Tochtergesellschaften) in einem weiteren Mandanten (Muttergesellschaft), um das Gesamtergebnis für alle Mandanten zu ermitteln.
Anzahlungen Ein alltäglicher, aber buchungstechnisch interessanter Vorgang, der mitunter von Fibu-Software nicht gut abgebildet wird. Anzahlungen sind Vorleistungen auf schwebende Geschäfte, auf die eine Lieferung oder Leistung des Geschäftspartners noch aussteht. Von uns geleistete Anzahlungen sind Leistungsforderungen von uns an den Partner, erhaltene Anzahlungen sind Leistungsforderungen an uns. Sie müssen auf gesonderten Bestandskonten verbucht werden, da noch keine Kosten oder Erlöse vorliegen.

Erhaltene Anzahlungen sind stets der Umsatzsteuer des zugrundeliegenden schwebenden Geschäftes unterworfen, auch wenn die eigentlich steuerlich zugrundeliegende Lieferung noch nicht erfolgt ist (sonst sind die Möglichkeiten des Steuermißbrauchs zu groß).

Fremdwährungen Buchungstechnisch ein übles Thema, weil Fremdwährungen die Eigenschaft haben, permanent im Wert zu schwanken. Eine EUR-Rechnung, die in US-Dollar beglichen wird, kann schon einen Tag später als unter- oder überbezahlt gelten. Daher sind für solche Fälle genaue Vereinbarungen über den zu verwendenden Wechselkurs notwendig.

Währungsbestände werden auf gesonderten Währungskonten (Nebenkonten) geführt, wo sie nicht als Werte verwaltet werden, sondern als "Stück US-Dollar" oder "Stück Pfund Sterling", so wie das auch bei unserer Bank in New York oder London der Fall ist. Der jeweilige Wert in EUR wird "von Zeit zu Zeit" mit dem entsprechenden Hauptkonto abgeglichen, also auf- oder abgewertet.

Kasse Bargeldbestände haben die unangenehme Eigenschaft, nie tatsächlich so vorhanden zu sein, wie die Buchführung das meint. Daher ist regelmäßig der berühmte Kassensturz fällig, um zu sehen, wieviel Schotter tatsächlich in der Geldkassette liegt, um dann die Buchführung entsprechend zu korrigieren (Buchung von Kassengewinn oder -verlust).
Abstimmung I. e. S. der Vergleich des Saldos eines Sammelkontos mit den Saldensummen der Konten seiner entsprechenden Nebenbuchhaltung. Das Aufklären von (stets unzulässigen) Differenzen kann ein sehr aufwendiger Prozeß sein. Gute ERP-Systeme unterstützen im Vorfeld die Vermeidung von Differenzen bzw. dann die Suche durch entsprechende Berichte.

I. w. S. jede Plausibilitätsprüfung, bei der Salden oder Summen aus zwei verschiedenen Quellen ermittelt und miteinander auf Differenzen verglichen werden, die dann hoffentlich nicht auftreten oder erklärt werden können.